Schwingungen und Beschleunigungen im 3D-Druc

Druckprobleme wie Ghosting (Ringing) und Overshoot der Ecken

Geschwindigkeit, Beschleunigung und Jerk

3D-Druck soll möglichst kurze Druckdauern aufweisen, daher werden möglichst hohe Geschwindigkeiten und hohe Beschleunigungen angestrebt. Leider führen diese Themen auch zu Druckproblemen wie Ghosting und überschießenden Ecken (overshoot).

Geschwindigkeiten werden definiert in mm/s oder mm/min. Beschleunigungen sind definiert durch die Geschwindigkeitszunahme pro Zeitintervall, die mathematische Ableitung der Geschwindigkeit. Und das dritte Element, das für das Folgende wichtig ist, ist der Jerk (deutsch Ruck). Der Ruck ist die Änderung der Beschleunigung pro Zeiteinheit (https://de.wikipedia.org/wiki/Ruck). Diese Werte sind in den 3D-Druck-Firmwares einstellbar mit den Befehlen M201 bis M205 (hier am Beispiel von Marlin: https://marlinfw.org/docs/gcode/M201.html).

Einfluß der Einstellungen auf die Druckdauer

Idealerweise wären alle 3 Werte möglichst hoch gewählt, da sie alle einen Einfluß auf die Druckdauer haben. Die Druckgeschwindigkeit besitzt bei normalen/kleinen Druckteilen häufig den deutlich kleineren Einfluß auf die Druckdauer als die Beschleunigung. Für die Berechnung der tatsächlichen Druckdauer ist die Seite https://www.gcodeanalyser.com/ sehr hilfreich. Das folgende Beispiel einer Hunde-Rolli-Schale zeigt die Druckdauer und die mit dem Beschleunigen verbrachte Druckdauer eindrücklich auf: 

Beschleunigungen in x und y 1000mm/s^2 - es werden über 4,5 Stunden für die Beschleunigung benötigt:

Beschleunigungen in x und y 3000mm/s^2 - es werden nur noch gute 2 Stunden für die Beschleunigung benötigt:

Probleme von hohen Beschleunigungs- und Ruck-Werten

Beschleunigungen erzeugen immer Kräfte, die mit der Formel F=m*a = Gewicht * Beschleunigung berechnet werden. Bei 3D-Druckern wird meist der Druckkopf bewegt, das heißt dessen Masse ist neben der Beschleunigung wichtiger Einflußfaktor auf die entstehenden Kräfte. Diese Kräfte wirken auf das Druckergestell und erzeugen Schwingungen. Speziell im 3Druck mit den häufigen Richtungswechseln können diese sehr hoch werden. Desktopgeräte bieten meist wenig Steifigkeit und damit Widerstand gegen unerwünschte Schwingungen (Resonanzen sind hier das zweite Thema). Diese Schwingungen und abruptem (Ruck) Richtungsänderungen führen zu zwei Druckproblemen, die sich am fertigen Druckteil zeigen:

  1. Ghosting / Ringing in Form von Wellen eben nach den Richtungswechseln: wellenartige Fortsetzung der Konturen auf dem Druckteil
  2. überschießende Ecken bei hohen Jerk- und Beschleunigungswerten


Resonanzen

Jedes System besitzt Eigenresonanzen. Das heißt, wenn eine Anregung der Schwingung mit der Frequenz einer dieser Eigenresonanzen erfolgt, so werden diese extrem verstärkt. Ein gutes Beispiel für die Zerstörung durch Eigenresonanzen ist die Takoma Bridge: https://en.wikipedia.org/wiki/Tacoma_Narrows_Bridge_(1940)

Auch die meist eingesetzten Riemenantriebe sind anfällig für diese Schwingungen, sind sie zu leicht gespannt, führen sie eher zu Problemen.

Filament-Extrusion: Schwingungen im System

Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluß der Beschleunigungs- und Ruckwerte innerhalb der Extrusion. Hier spielen zwei Komponenten eine Rolle: schafft es der Vorschub überhaupt die hohen Beschleunigungen schlupfarm zu übertragen? Wenn nicht, dann wird sofort beim Aufbringen von hohen Beschleunigungen ins Filament gefräst, der Volumenstrom aus der Düse kommt verpätet und/oder verlangsamt. Auch in der Schmelze und dem als Kolben wirkenden Filament können Schwingungen entstehen. Diese Einflüsse sind zwar deutlich geringern als die der Maschinen-Steifigkeit, sie sollten aber immer berücksichtigt werden.

Abhilfe gegen Ghosting

  • geringere Beschleunigungen und Jerks
  • steifes Maschinengestell und schwingungsarme Aufstellfläche (je massiver umso besser, denn die Schwingung des Geräts überträgt sich auf den Untergrund)
  • schlecht gespannte Riemen in den X-Y-Achsen
  • Kalibrierdrucke zum Ermiteln vonmöglichst guten Werten

Im Zweifel gilt immer eher geringere Werte von Beschleunigung und Jerk zu wählen, wenn es um die Druckteiloberfläche geht. Ist diese Oberfläche und die Maßhaltigkeit nebensächlich kann auch mit höheren Werten gedruckt werden. Diese haben allerdings auch einen Einfluß auf den Verschleiß der Achsen und des Druckergestells.

Abhilfe gegen überschießende Ecken

  • Hier hat der Jerk den größeren Einfluß
  • Kalibrierdrucke helfen hier zum Ermitteln von guten Werten

  1. Geschwindigkeit, Beschleunigung und Jerk
    1. Einfluß der Einstellungen auf die Druckdauer
    2. Probleme von hohen Beschleunigungs- und Ruck-Werten
    3. Resonanzen
    4. Filament-Extrusion: Schwingungen im System
    5. Abhilfe gegen Ghosting
    6. Abhilfe gegen überschießende Ecken

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